Dringender Aufruf zur Mitarbeit
Erika Fischer zieht eine Bilanz ihrer 20-
jährigen Mitarbeit im Seniorenbeirat
VON JÖRG ESCHENFELDER
Waldkraiburg – Erika Fischer (81) ist bestimmt und unerschütterlich. 20 Jahre war sie im Waldkraiburger Seniorenbeirat aktiv; 16 davon als Vorsitzende – im April ist Schluss. „Der bunte Nachmittag am 16. April wird meine letzte Veranstaltung sein. Dann ist finito.“ Dann will sie ihr Amt abgeben. Ein potenzieller Nachfolger sei schon gefunden: Thomas Lainer, den viele als Vorsitzenden des Motorsportclubs (MSC) Waldkraiburg kennen.
Jeder Fünfte ist über 65 Jahre
Der Seniorenbeirat ist unabhängig und versteht sich als Bindeglied zwischen der älteren Bevölkerung, der Stadtpolitik und der Stadtverwaltung. Seine Mitglieder engagieren sich ehrenamtlich; die Finanzierung erfolgt durch einen Zuschuss der Stadt und vor allem über Spenden von Firmen und Privatpersonen. „Mühldorf hat es da besser“, meint Erika Fischer. Die hätten mit Claudia Hausberger eine Seniorenreferentin im Stadtrat. „Das haben wir nicht. Das mussten immer wir schaukeln.“ "Raus aus der Komfortzone", das fordert Erika Fischer von Waldkraiburgs Senioren. Nach 16 Jahren als Vorsitzende des Seniorenbeirats gibt sie ihr Amt ab und zieht eine kritische Bilanz. Jörg Eschenfelder FOTO
Gut jeder fünfte Waldkraiburger (genau 21,6 Prozent) ist über 65. Bei einer Einwohnerzahl von 26552 (Stand 31. Dezember 2022) sind das 5735. Genug Kandidaten also für Mitarbeit im Seniorenbeirat, denn „jeder kann mitmachen“, betont Erika Fischer. Dennoch muss sie ernüchtert feststellen: „Die Resonanz ist nicht gut. Es will niemand was machen.“ Derzeit hat der Beirat gerade einmal elf Mitglieder. Elf statt der möglichen 5735 Mitglieder. Und: „Außer Thomas Lainer ist niemand unter 70 Jahre“, ergänzt Fischer.
Dabei kann der Seniorenbeirat einige Erfolge verbuchen. „Wir haben uns sehr gut entwickelt“, bilanzier Fischer ihre 20 Jahre. Die Beiräte sind als Lesepaten an den Grundschulen unterwegs, sie veranstalten jährlich im Wechsel eine Ü60-Messe und einen bunten Nachmittag. Es gibt Beratungen für Senioren zu aktuellen Themen wie etwa Betrugsmaschen, außerdem gibt es das Reparatur-Café, den PC-Treff und das Nachmittags-Kino „Zuletzt hatten wir im Kino 160 Besucher“, freut sich Erika Fischer. „So viele hatte wir auch vor Corona noch nie.“
Auch die verschiedenen Angebote unter dem Titel „Zusammen ist man weniger allein“ hätten sich etabliert: gemeinsames Frühstück, Nachmittagskaffee, Wandern und andere vieles mehr. „Das hat bombig eingeschlagen“, erinnert sich Erika Fischer. Hier seien neue Freund- und Bekanntschaften entstanden. Dennoch sieht sie Verbesserungsbedarf: „Es kommen nicht viele Neue hinzu.“ Das zu ändern, sei aber Aufgabe ihres Nachfolgers.
Warum tritt sie nicht mehr an? Erika Fischer zeigt auf ihren Wandkalender. Fast jeder Tag ist mit Terminen gefüllt, oft hat sie zwei oder drei an einem Tag; freier Platz ist rar. Viele Termine hat sie als „rasende Reporterin“ für die OVB-Heimatzeitungen. „Das macht mir viel Spaß“, so Fischer. „Ich bin gut ausgelastet und nicht unersetzlich.“
Sie ist immer noch fit und gesund und möchte sich jetzt den Luxus gönnen, freier über ihre Zeit zu entscheiden. „In den 20 Jahren habe ich bei keiner Sitzung oder Veranstaltung gefehlt“, erzählt sie nich ohne einen gewissen Stolz. Sogar ihre Urlaube hat sie nach den Terminen des Seniorenbeirates geplant.
„Ich habe es gern gemacht“
Der Abschied fällt ihr dennoch nicht leicht: „Ich habe es gern gemacht.“ Sie wolle auch weiterhin dem Seniorenbeirat angehören und als Lese-Patin aktiv sein. Und sonst? „Ich weiß noch nicht. Ich suche mi aus, was mir Spaß macht.“ Nach 20 Jahren sei es an der Zeit, dass andere für Waldkraiburgs Senioren aktiv werden.
Was sie dem Seniorenbeirat wünscht? „Dass sich Leute finden, die wirklich mitmachen, die sich was zutrauen und Arbeit übernehmen. Die Senioren müssen aus der Komfortzone raus und selber aktiv werden. Wenn keiner was macht, dann brauche ich keinen Seniorenbeirat."
Der Waldkraiburger Seniorenbeirat
Vor 26 Jahren lud die damalige Sozial- und Familienreferentin Annemarie Deschler am 12. Juni 1997 zur Gründungsversammlung des Seniorenbeirates am 23. Juni 1997 in das Haus "Unterm Regenbogen" ein.
Erster Vorsitzender wurde Rolf Kleindienst. Nach mehreren Wechseln übernahm Erika Fischer im November 2007 das Amt.
Seit dem 16. März 2020 zählt der Beirat elf Mitglieder:
Erika Fischer (Vorsitzende) Nina Netzsch, Thomas Lainer (jeweils Stellvertreter)
Roswitha Ammerer (Kasse) sowie die Beiräte Gabi Bretschneider-Tinbergen, Hiltraud Kurzmann, Maria Schimm,
Monika Hochfilzer, Gerti Schuster,Christina Müller und Michael Bartesch (Webmaster)
Quelle: Waldkraiburger Nachrichten vom 06.03.2023